Neue Neue Nationalgalerie

By MBS

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Neue Neue Nationalgalerie

Mies van der Rohes Universalraum in neuem Glanz

Berlin ist die Stadt der Gegensätze, auch bei der Museumsarchitektur: In Mitte wird 2021 das Humboldt-Forum im rekonstruierten Stadtschloss eröffnet, im Westen erstrahlt die Neue Nationalgalerie nach fünf Jahren Renovierungszeit durch David Chipperfield Architects in neuem Glanz; die jeweils zugrundeliegenden Architekturphilosophien könnten unterschiedlicher nicht sein. Ende April 2021 wird die Sanierung von Mies van der Rohes Vorzeigebau der Moderne abgeschlossen und dann mehrere Tage für Interessierte zugänglich sein. Nicht nur Berliner*innen lieben das letzte Meisterwerk von Mies van der Rohe.

Das Konzept des Universalraums mit vielfältigen Funktionsvarianten hat nichts von seiner Faszination verloren. LMvdR perfektionierte hier den scheinbar stützenlosen eingeschossigen Hallenraum, vor allem raumgreifende Kunst kann sich so voll entfalten. Der gesamte Bau ist an einem quadratischen Raster ausgerichtet. Das 65 x 65m große Stahldach ruht an jeder Seite auf 2 Stützpfeilern, die marmorverkleideten Quader im Inneren dienen lediglich als Versorgungsschächte. Trotz der 1200 Tonnen schweren Stahlkonstruktion scheint die Decke über der acht Meter hohen Ausstellungshalle zu schweben…

Die Kosten des Stadtschlosses, aber auch die Rekonstruktion an sich, werden seit Jahren kontrovers diskutiert; bei der Neuen Nationalgalerie hingegen erscheint fast allen der Aufwand von 140 Millionen Euro angemessen, um das Gebäude auch die nächsten Jahrzehnte wieder adäquat nutzen zu können. Der nächste Schritt im Masterplan für das Kulturforum 2030 ist somit vollbracht.

In der Ausstellungshalle hat man aufgrund der erhöhten Position einen imposanten Rundumblick: Auf Scharouns expressionistische Philharmonie, die Gemäldegalerie, die Matthäikirche und den Potsdamer Platz. Hier ist jedes Gebäude ein Solitär und steht beispielhaft für die Baukunst seiner Zeit. In einigen Jahren blickt man dann nebenan auch auf das Museum des 20. Jahrhunderts der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron.

Mit diesem wird die Nationalgalerie auch unterirdisch verbunden sein, dann kann deutlich mehr aus den Beständen der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts gezeigt werden.

LMvdRs Motto weniger ist mehr gilt ebenso für funktionale Bereiche wie Garderobe und Treppenhaus; klare Linien fokussieren auf das Notwendige, hochwertige Materialien sprechen für sich.

Die strukturelle Analogie der Nationalgalerie zum Barcelona-Pavillon von 1929 ist unverkennbar. Schon damals gestaltete LMvdR mit freistehenden Wänden und viel Glas fließende Übergänge zwischen einzelnen Raumbereichen im Inneren sowie zwischen Innen und Außen. Bei der Nationalgalerie vervollkommnete er dieses Gestaltungsprinzip. Nach seiner Emigration in die USA war dies sein einziger und letzter Bau in Deutschland, er besuchte noch die Baustelle, die Eröffnung 1968 erlebte er nicht mehr. 

Im Sockelgeschoss befinden sich die eigentlichen Ausstellungsräume, Verwaltungsbereiche sowie vollverglast der nach Westen ausgerichtete Skulpturengarten. Seine Granit-verkleidete Grenzwand reflektiert diffus helles Licht in die Innenräume und schafft einen Hortus Conclusus, einen geheimen Garten, als Rückzugsort mitten in der Stadt.

Zur Inspiration eine Auswahl aus aktuellen Design-Kollektionen (*Werbung):

Nun kann Kunst hier wieder in Korrespondenz mit der Umgebung ihre volle Wirkung entfalten und inspirierende Bezüge auch zum Stadtraum aufzeigen. Ab August kann man sich auf kinetische Kunst von Alexander Calder freuen. Calders Werk Köpfe und Schwanz ist ja schon seit 1966 dank einer Schenkung im Außenbereich der Nationalgalerie zu sehen.

Dann kann man wieder erleben, wie perfekt die Symbiose zwischen Kunst, Architektur und Stadtraum hier gelingt…

Fotos: ©BBR/Thomas Bruns

Die Wirkung der Architektur im Ausstellungsbetrieb vermittelt auch das Video1:

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  1. Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=UaMVbF8HGeY, Zugriff 22.2.2021.
  2. Vgl. Brown, o. J.

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